Um die Jahrhundertwende konnten die Interessierten in einem Ensemble moderner Massenmedien die aktuellen Entwicklungen, die feuilletonistischen Diskussionen und das gesellschaftliche Leben verfolgen. Ähnlich wie in der heutigen „Filterblase“ machte die Erweiterung und Ausdifferenzierung der Publikationen in lokale, politische und milieuspezifische Zielgruppen es möglich, genau die tendenziöse Art der Berichterstattung zu verfolgen, die am besten in das eigene Weltbild passte.
Neben Zeitungen und Illustrierte konnten sich die Medienkonsumenten auch im Kino informieren; später zählte dann auch Rundfunk und Tonfilm zum Repertoire. Nicht zu unterschätzen sind jedoch weitere Formen der Kommunikation; Face-to-Face-Kommunikation, Versammlungen, Plakate, Demonstrationen und Aufmärsche waren Maßnahmen, mit denen Botschaften unter die Menschen gebracht werden konnten. Die Zeitung blieb jedoch in der Weimarer Republik das Primärmedium.
Zeitung als Primärmedium
Im 18. Jahrhundert wurde noch die überwiegende Anzahl des Papiers für den Buchdruck aufgewandt. Im 19. Jahrhundert war es dann die Zeitung, die aufgrund der hohen Auflagen inzwischen einen niedrigen Preis erhalten hatten und damit für die meisten Interessierten erschwinglich. Im Jahr 1928 erschienen über 3000 Tageszeitungen, von denen immerhin 26 eine Auflage von über 100.000 Stück hatten. Der „Völkische Beobachter“ gehörte im Jahr 1931 dazu, er hatte damals eine Auflage von 130.000 Stück. Viel, gewiss, aber nicht das Mainstream-Medium der Zeit.
Neben den allgegenwärtigen Zeitungen war die Weimarer Republik auch die Zeit, in der die Werbung erstmals eine Rolle spielte.
Ich empfehle, man achte auf Reklame und lasse Stefan George und Rilke hinter sich.
Alfred Döbllin
Der Autor war vorsichtig optimistisch, was Medien und Massendemokratie betrifft: „Ich kann mich dem Geschimpf über die Technik nicht anschließen.“ Er appellierte – und damit war er nicht allein – an den Genuß der neuen Möglichkeiten. Doch es gab viel Kritik an dieser neuen, wilden, aufreizenden Medienlandschaft. Insbesondere an der politischen Propaganda. Döblin, ein Feind der bildungsbürgerlichen Kultur, wandte sich an die Rundfunk-Intendanten, die die Dominanz dieser mit ihrem Programm brechen sollten und ein alle ansprechendes Programm konzipieren müssten.
Schriftsteller müssten zudem ihre Meinung zur „Masse“ ändern. Döblin tadelte ihre antipopulistische Haltung. Der Abfälligkeit, mit denen allerorts über die „Masse“ philosophiert wurde, setzte Alfred Döblin nicht nur seinen Roman „Berlin Alexanderplatz“ entgegen. Franz Biberkopf erliegt hier den massenmedialen Verführungen aufgrund einer Mischung aus Selbstüberschätzung und Leichtgläubigkeit. Das Montageprinzip aus Schlagern, Reklame, politischen Slogans bildet auf literarische Weise die Umgebung ab, in der Großstadtmenschen leben und mit der sie zurechtkommen müssen.